Die Kafka-Fragmente sind der längste unter den zahlreichen Vokalzyklen György Kurtágs. Er basiert auf Prosatexten aus dem Tagebuch Franz Kafkas sowie aus posthum veröffentlichten Briefen und Erzählungen. Das 1985 ohne vorgefassten Plan begonnene Werk wurde 1987 fertiggestellt und im selben Jahr von Adrienne Csengery und András Keller in Witten uraufgeführt.
Die Texte, die von der flüchtigen Notiz bis zum Entwurf einer Erzählung reichen, enthalten meist eine philosophische Dimension; sie rührt an existenzielle Fragen Kafkas, die sich der Komponist zu eigen gemacht hat.
Das Werk besteht aus vierzig Liedern in vier Teilen von unterschiedlicher Länge, ohne dass die Reihenfolge, die nach langem Zögern und etlichen Versuchen festgelegt wurde, eine bestimmte Absicht zu erkennen gäbe. Wie in den Liederzyklen von Schubert oder Schumann ist das Werk weniger Architektur denn Pfad; es ist der Weg eines Menschen, der sich befragt und sich sucht, Route eines Lebens, das sich seiner selbst besinnt.
Philippe Albèra